Die Farben der Royal Air Force (RAF) während des Zweiten Weltkriegs (1939–1945)

Die Farben der Royal Air Force (RAF) während des Zweiten Weltkriegs (1939–1945)
Quelle:www.ww2incolor.com

Die Notwendigkeit einer effektiven Flugzeugtarnung während des Zweiten Weltkriegs resultierte aus der strategischen Anforderung, militärische Flugzeuge sowohl am Boden als auch in der Luft vor visueller Entdeckung zu schützen. Da kein einzelnes Schema in allen Situationen funktionieren konnte, entwickelte die Royal Air Force (RAF) unter der Ägide des Ministry of Aircraft Production (MAP) spezifische Schemata, die auf der Rolle des Flugzeugs, seiner typischen Flughöhe und dem Einsatzgebiet basierten.(1)

Das primäre Konzept in der Entwicklung der RAF-Tarnung war das sogenannte Countershading (Gegenschattierung). Dieses Prinzip besagt, dass die Oberseiten von Flugzeugen in erd- oder bodennahen Farben (wie Braun und Grün) lackiert wurden, um sie bei der Beobachtung von oben gegen den Hintergrund zu tarnen. Die Unterseiten hingegen erhielten helle, himmelähnliche Farben (wie Hellgrau oder Hellblau), um die Silhouette gegen den aufgehellten Himmelshintergrund zu brechen und die Detektion von unten zu verzögern.(1) Diese Strategie war besonders effektiv für Flugzeuge, die nicht im Luftkampf invertiert flogen, wie schwere Bomber.(1)


Die Farben der Royal Air Force (RAF) während des Zweiten Weltkriegs (1939–1945)


Ein weiteres fundamentales Element war die Oberflächenbeschaffenheit. Reflexionen und Lichtspiegelungen erschweren die Tarnung erheblich. Deshalb wurden Tarnanstriche oft in neutralen Farbtönen mit einer nicht reflektierenden, matten (oder seidenmatten (2)) Oberfläche ausgeführt. Die Tarnung stand jedoch immer in einem Spannungsverhältnis zu den Erkennungszeichen, da größere Hoheitszeichen das Risiko von Eigenbeschuss verringerten, aber die Tarnwirkung kompromittierten.(1)

Regulatorische Rahmenbedingungen (MAP und BS)


Die Festlegung und Kontrolle der in Kriegszeiten verwendeten Farben oblag primär dem Ministry of Aircraft Production (MAP). Diese kriegsspezifischen Farbtöne wurden im Laufe der Zeit durch interne MAP-Standards und Air Ministry Orders (AMO) definiert.

Viele dieser kritischen Kriegsfarben wurden jedoch in die späteren zivilen und militärischen Standards des Vereinigten Königreichs, insbesondere das British Standard 381C (Colours for Specific Purposes), integriert. Die erste größere Nachkriegsrevision des BS 381C fand 1948 statt, gefolgt von einer weiteren im Jahr 1964.(2) Diese Standards führten eine dreistellige Nummerierung ein, die eine präzisere Identifizierung ermöglichte.(2)

Die Tatsache, dass wichtige Kriegsfarben wie Dark Green (als BS 641), Medium Sea Grey (als BS 637) und Extra Dark Sea Grey (als BS 640) in das BS 381C übernommen wurden (4), bestätigt deren dauerhafte Eignung und technische Stabilität. Es ist jedoch bemerkenswert, dass einige der bekanntesten Kriegsfarben, wie Dark Earth und Ocean Grey, in diesen ersten Nachkriegs-BS 381C-Updates weggelassen wurden.(2) Die Nicht-Eingliederung dieser Farbtöne, die für die Kampfmittel in geringer und mittlerer Höhe entscheidend waren, signalisiert einen strategischen Wandel. Diese Entscheidung deutet darauf hin, dass die MAP-Nachfolger diese Schemata als optimiert für die spezifischen operationellen Bedingungen des Kolbenmotor-Luftkrieges über europäischem Terrain erachteten und sie mit dem Aufkommen der Strahlflugzeuge und dem Wandel der Doktrin als obsolet für zukünftige Anforderungen ansah.


Die Temperate Land Scheme (TLS) 1938 – 1941



Das Temperate Land Scheme (TLS) war das grundlegende Tarnschema der RAF bei Kriegsausbruch und wurde primär für die Tarnung über europäischem Binnenland (Wälder, Felder) konzipiert. Es sollte Flugzeuge im Tiefflug und am Boden effektiv verbergen.(5)



Standard-Oberseitenfarben (Dark Earth und Dark Green)


Das TLS verwendete auf den Oberseiten ein disruptives Muster aus Dark Green (DG) und Dark Earth (DE).(5)
  • Dark Green (DG): Diese Farbe wurde bereits 1938 als Tarnfarbe für Flugzeuge der RAF eingeführt. Sie wurde später als BS 641 standardisiert und zeichnet sich durch ein tiefes Waldgrün aus.4 DG wurde im Gegensatz zu Dark Earth als relativ farbstabil betrachtet.
  • Dark Earth (DE): Wie der Name andeutet, war Dark Earth ein dunkles, erdiges Braun.(2) Beide Farben, DG und DE, blieben während des gesamten Krieges die Standardoberflächenfarben für die Tag- und Nachtbomber des Bomber Command.(6)
Eine technische Beobachtung in Bezug auf die Beständigkeit der Pigmente zeigt, dass Dark Earth wesentlich anfälliger für das Ausbleichen durch Witterung und Sonneneinstrahlung war als Dark Green. Dies führte dazu, dass im Feldeinsatz die Kontraste zwischen den beiden Farbtönen in länger eingesetzten Flugzeugen deutlich stärker hervortraten, als sie es bei frisch lackierten Maschinen der Fall gewesen wären.(2)

Entwicklung der Unterseitenfarben (1939 – 1940)


Die Unterseitenfarben des TLS änderten sich in der Anfangsphase des Krieges rapide, insbesondere im Fighter Command. Zunächst wurden die Unterseiten oft in Aluminium (unlackiertes Metall) oder in der Farbe Night (ein sehr dunkles Blau, siehe Night (BS 642)) gehalten.(2)

Die Farben der Royal Air Force (RAF) während des Zweiten Weltkriegs (1939–1945)

Eine temporäre taktische Markierung für Jagdflugzeuge und Army Cooperation Command sah eine Unterteilung der Unterseite vor: eine Flügelseite war Night (Schwarz) und die andere Weiß. Dieses disruptive Schema sollte die Identifizierung der Flugzeugsilhouette aus der Ferne erschweren.(7) Ein frühes Beispiel für diese Aufteilung ist an der Blackburn Roc zu sehen, wo die Unterseite der Flügel diese Schwarz-Weiß-Aufteilung aufwies.(7)

Die „Sky“-Krise während der Luftschlacht um England (Juni 1940)


Am 6. Juni 1940, kurz vor dem Höhepunkt der Luftschlacht um England, wurde eine weitreichende strategische Entscheidung getroffen: die Schwarz/Weiß-Unterseite von Jagdflugzeugen sollte abgeschafft und die gesamte Unterseite in der neuen Farbe Sky lackiert werden.(8) Sky Type S (später als BS 210 geführt (9)) ist ein blasser, enteneiergrüner oder blauer Farbton, der von Sidney Cotton ursprünglich für hochgeheime Foto-Aufklärungsflüge über Deutschland entwickelt worden war.(7)

Die Einführung dieses neuen Farbschemas fiel in eine kritische logistische Phase. Die Versorgung mit der offiziellen Sky-Farbe war äußerst knapp. Dieser Mangel zwang zahlreiche Staffeln zur Eigeninitiative, was zu einer breiten Palette an Feldmodifikationen führte. Staffeln mischten oft eigene Farbtöne aus verfügbaren Pigmenten (Blau, Weiß, Gelb).(8) Dokumentierte Berichte zeigen, dass dies zu inkonsistenten Ergebnissen führte; Flugzeuge am Anfang einer Lackierreihe wiesen möglicherweise eine gute Übereinstimmung mit dem offiziellen Sky auf, während spätere Flugzeuge, nachdem die Blautöne aufgebraucht waren, ein extrem blasses Grün oder fast Weiß erhielten. Im Sommer 1940 konnten die Unterseiten von Jagdflugzeugen faktisch jeden Farbton von einem gebrochenen Weiß bis zu einem türkisen Blau/Grün aufweisen.(8)


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Aufgrund des Mangels an offiziellem Sky wurde manchmal auch Eau de Nil (BS 216, ein blassgrüner Ton) als Ersatz verwendet.(8) Obwohl Eau de Nil keine Farbe war, die offiziell im RAF Stores Vocabulary für Flugzeuge gelistet war, war sie in der Versorgungslogistik leicht verfügbar, beispielsweise als festgelegte Farbe für Rauchmunition der Royal Navy und der Army.(8) Die Untersuchung von Überresten von Kampfflugzeugen aus der Schlacht um Großbritannien identifizierte Farbtöne, die mit Eau de Nil übereinstimmten, was darauf hindeutet, dass diese Substitution, obwohl nicht offiziell zugelassen, in der Praxis stattfand.

Diese Episode demonstriert, dass Sky im Sommer 1940 weniger ein streng definierter Farbstandard war, sondern vielmehr ein militärisch notwendiges Tarnkonzept. Die dringende taktische Anforderung, eine helle Unterseite zu schaffen, überschattete die logistische Fähigkeit zur Standardisierung, was zu einer unvermeidlichen Variation in der tatsächlichen Farbgebung führte.(8)

Die folgende Tabelle fasst die chronologische Entwicklung der wichtigsten RAF-Tarnschemata in Europa und Nordafrika zusammen:

Chronologie der wichtigsten RAF-Tarnschemata (1939–1945)

Zeitraum

Schema-Name

Typische Rolle

Oberflächenfarben (Standard)

Unterseitenfarbe (Standard)

1939 – Mitte 1940

Temperate Land Scheme (TLS) I

Jäger/Bomber (Low Level)

Dark Earth / Dark Green

Night, Schwarz/Weiß-Aufteilung

Mitte 1940 – Mitte 1941

Temperate Land Scheme (TLS) II

Jäger (BoB)

Dark Earth / Dark Green

Sky Type S (BS 210) 8

1941 – 1945

Day Fighter Scheme (DFS)

Jäger (Medium/High Level)

Ocean Grey / Dark Green

Medium Sea Grey (BS 637)

1941 – 1945

Desert Scheme (MTO)

Jäger/Aufklärung (Nordafrika)

Middle Stone / Dark Earth

Azure Blue (bis 1944)

1939 – 1944

Temperate Sea Scheme

Coastal Command/FAA

Extra Dark Sea Grey / Dark Slate Grey

Sky Grey oder Sky

Ab 1941

PRU High Altitude

Aufklärung

Monoton: PRU Blue (BS 636)

Monoton: PRU Blue (BS 636)





Die Day Fighter Scheme (DFS)

Höhe und Grautöne (1941 – 1945)


Mit dem Ende der Luftschlacht um England und der Eskalation des Luftkrieges in mittleren und höheren Flughöhen (über 10.000 Fuß) erkannte die RAF, dass das Dark Earth/Dark Green-Schema unzureichend für die Tarnung gegen den helleren Dunst und Himmelshintergrund Nordwesteuropas war.(17) Das führte im August 1941 zur Einführung des Day Fighter Scheme (DFS), das das TLS für Tagjäger ersetzte.(5)

Standardfarben des DFS

Das DFS verwendete Grautöne, die besser geeignet waren, die Silhouette eines Flugzeugs in mittlerer Höhe gegen den Himmelshintergrund zu verschleiern.

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  • Oberseitenfarben: Ocean Grey (OG) und Dark Green (DG).5 DG (Dark Green) wurde beibehalten, während das Braun von Dark Earth durch das blassere Blau-Grau von Ocean Grey ersetzt wurde.(17)
  • Unterseitenfarbe: Medium Sea Grey (MSG).(5)

Das DFS war eine gezielte wissenschaftliche Reaktion auf die Kampfhöhe. Die Grautöne von OG und MSG boten eine überlegene passive Tarnung. MSG (BS 637) wurde als die neue Standardfarbe für die Unterseiten eingeführt und war ein mittleres Grau mit leichtem Blaustich. Diese Farbe wurde später auch zur Basis für Nachtjäger-Schemata.(12)

Ocean Grey und der „Mixed Grey“-Notbehelf


Als das DFS 1941/1942 eingeführt werden sollte, trat dasselbe Problem wie bei Sky auf: Die offizielle Ocean Grey-Farbe war nicht in ausreichender Menge lieferbar.(17) Angesichts der Dringlichkeit, das neue, taktisch überlegene Schema einzuführen, autorisierte die RAF eine temporäre Feldmischung, die als „Mixed Grey“ bekannt wurde.

Diese Ad-hoc-Lösung bestand aus einer präzisen Formel: 7 Teile Medium Sea Grey zu 1 Teil Night (Schwarz).(17) Diese Mischung sollte solange verwendet werden, bis die regulären Lieferungen der offiziellen Ocean Grey-Farbe eintrafen. Obwohl sowohl die offizielle als auch die selbstgemischte Variante als „Ocean Grey“ bezeichnet wurden, unterschied sich das selbstgemischte Mixed Grey geringfügig vom offiziellen Farbton in seiner Nuance und seinem Reflexionsvermögen. Die detaillierte Vorgabe eines genauen 7:1-Mischungsverhältnisses durch die RAF unterstreicht die extreme Dringlichkeit und die technische Disziplin der MAP, selbst bei improvisierten Feldlösungen eine gewisse Standardisierung aufrechtzuerhalten, um den sofortigen strategischen Vorteil der Grautarnung zu nutzen.(17)


Maritime und Küsten-Operationen


Flugzeuge, die für das RAF Coastal Command und den Fleet Air Arm (FAA) im Einsatz waren, benötigten eine Tarnung, die auf die Bedingungen über dem offenen Meer zugeschnitten war, insbesondere über dem grauen Nordatlantik und der Nordsee. Das Temperate Sea Scheme wurde von 1939 bis 1945 verwendet.

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  • Oberflächenfarben: Die Oberseiten wiesen ein disruptives Muster aus Extra Dark Sea Grey (EDSG) und Dark Slate Grey (DSG) auf.(15) EDSG (BS 640) ist ein dunkles, bläuliches Grau, das hauptsächlich für Marineflugzeuge entwickelt wurde. DSG (BS 634) ist ein dunkler, schieferartiger Grauton.(4)
  • Unterseitenfarben: Die Unterseiten wurden anfänglich in Sky Grey oder Sky gehalten.(16)

Spätkriegs-Monotonisierung


Die Farben der Royal Air Force (RAF) während des Zweiten Weltkriegs (1939–1945)

Im späteren Verlauf des Krieges fand eine Vereinfachung des Schemas statt. Ab September 1944 wurde Extra Dark Sea Grey (EDSG) zur einzigen Oberflächenfarbe für die meisten Flugzeuge des Coastal Command.(15) Diese Umstellung auf ein Monoton-Schema über Wasser war strategisch motiviert. Die disruptive Wirkung des Zweiton-Musters (EDSG/DSG) war über der gleichmäßigen Oberfläche des Meeres möglicherweise weniger effektiv als ein gleichmäßiger dunkler Ton, der die Konturen des Flugzeugs bei schlechtem Wetter oder auf große Distanz verschleierte. Dieser dunklere, einheitliche Farbton wurde als besser geeignet angesehen, um die Silhouette eines Flugzeugs im maritimen Dunst verschwimmen zu lassen.(15)


Tropische und Wüsten-Operationen (MTO, SEAC)


Die Eröffnung des nordafrikanischen Schauplatzes (MTO) erforderte ab 1940 eine radikale Abkehr vom grünen/braunen TLS, das in der Wüste nutzlos war.1 Das Tropical Land Scheme, später als Desert Scheme bezeichnet, wurde verwendet, um Flugzeuge über dem hellen Sand und Felsen Nordafrikas zu tarnen.


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  • Oberflächenfarben: Die Oberseiten wurden mit Middle Stone (einem Sandbraun/Beige) und Dark Earth (oder in Übergangsperioden Dark Green) lackiert.(13)
  • Unterseitenfarbe: Die wohl markanteste Farbe dieses Theaters war Azure Blue. Azure Blue ist ein helles, klares Himmelblau, das speziell zur Tarnung gegen den sehr hellen, klaren Himmel über Wüstengebieten diente.(13)
Die Tarnung in Nordafrika war von entscheidender Bedeutung, da der Mangel an natürlichen Verstecken die Flugzeuge am Boden extrem verwundbar machte. Täuschende Maßnahmen wie die Verwendung von Dummie-Panzern und getarnten Flugplätzen (durch falsche Heckenlinien über Landebahnen) ergänzten die spezifische Farbtarnung der Flugzeuge.(18)


Southeast Asia Command (SEAC) Anpassungen



Im Southeast Asia Command (SEAC) nutzten die Flugzeuge zunächst die standardmäßigen TLS-Farben (DG/DE) oder die tropischen Schemata (Middle Stone/Dark Earth).(14)

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Eine wichtige Änderung trat im SEAC ab April 1944 ein: Die Unterseitenfarbe Azure Blue wurde durch Medium Sea Grey (MSG, BS 637) ersetzt.(14) Obwohl Azure Blue in der Wüste optisch ideal war, deutet der Wechsel zu MSG im asiatischen Raum auf eine logistische Standardisierung hin. Durch die Vereinheitlichung der Unterseitenfarbe mit dem Day Fighter Scheme in Europa konnten die logistischen Anforderungen an die Farbversorgung vereinfacht werden.


Nachtoperationen (Nachtjäger und Bomber)



Die Tarnung bei Nacht erforderte eine spezielle Betrachtung, da der Nachthimmel, insbesondere über bewohnten Gebieten oder bei Mondlicht, nie rein schwarz ist, sondern stets eine gewisse Helligkeit (Skyglow) aufweist.(1)


Die Komplexität des „Night“-Tons


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Das anfängliche Standardschema für Nachtflugzeuge war eine Gesamtlackierung in Night (DTD 308).

Night (BS 642): Entgegen der Erwartung, dass eine Nachtfarbe reines, mattes Schwarz sein müsste, war die offizielle RAF-Farbe Night (BS 642) tatsächlich ein sehr, sehr dunkles Blau, das Ultramarin-Pigmente enthielt.(4)

Begründung: Empirische Studien zeigten, dass reines Schwarz (Overall Black) gegen den helleren Nachthimmel zu stark abstach und die Silhouette in der Ferne paradoxerweise besser sichtbar machte.(1) Die Verwendung des ultramarin-pigmentierten Dunkelblaus war eine wissenschaftliche Reaktion auf diese optische Anomalie und zielte darauf ab, die visuelle Wahrnehmung des Objekts durch diffuse Reflexionen im Skyglow zu erschweren.

Frühe, temporäre Alternativen waren Special Night und RDM2A (ein rußiges, mattes Schwarz), die jedoch logistisch schwierig zu handhaben waren und die aerodynamische Leistung negativ beeinflussten.(22)


Spätere Nachtjäger-Schemata


Ab Ende 1942 wurden Nachtjäger von der Gesamtschwarz-Lackierung befreit und nahmen stattdessen Schemata an, die eng mit dem Day Fighter Scheme verwandt waren:


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Standard-Nachtjäger-Schema: Die Oberseiten wurden in Ocean Grey und Dark Green lackiert, während die Unterseiten Medium Sea Grey trugen.(11)

Modifizierte Schemata: Eine weitere Variante, insbesondere von 1944 bis 1945, sah eine Grundlackierung in Medium Sea Grey vor, über die Dark Green Tarnflecken auf den Oberseiten aufgetragen wurden (siehe Bild).(6)

Für schwere Bomber und spätere Nachtflugzeuge (wie die P-61 oder späte Lancaster) wurde spät im Krieg Jet Black verwendet, ein Hochglanzschwarz. Es wurde festgestellt, dass eine Hochglanzoberfläche die Erkennung durch feindliche Suchscheinwerfer erschwerte, da sie Licht nicht diffus reflektierte, sondern gerichtet ablenkte.(22)


Photo Reconnaissance Unit (PRU)


Die Photo Reconnaissance Unit (PRU) der RAF operierte oft in extremen Höhen und zu spezifischen Tageszeiten, was maßgeschneiderte, gewichtsoptimierte Monoton-Schemata erforderte.

PRU Blue (Hochhöhe)


Als Foto-Aufklärungsmissionen in größere Höhen verlagert wurden, wurde um 1941 die Farbe PRU Blue eingeführt.2 PRU Blue (BS 636) war eine von Cotton und seinem Team entwickelte Monoton-Farbe – ein tiefes Graublau.(4)

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Dieses tiefe Blau mit einem Graustich wurde sowohl auf den Ober- als auch auf den Unterseiten von Hochhöhenaufklärern (wie speziellen Spitfire- und Mosquito-Versionen) verwendet. Es diente dazu, das Flugzeug gegen den dunkleren, oberen atmosphärischen Himmelshintergrund zu tarnen und war der Standard für Aufklärung in großer Höhe während des gesamten Krieges.(2)


PRU Pink (Dämmerung und Niedrigflüge)



Für Aufklärungsflüge, die in geringer Höhe während der Dämmerung (sowohl Morgengrauen als auch Abenddämmerung) durchgeführt wurden, wurde PRU Pink entwickelt.

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PRU Pink war ein sehr helles, oft als pinkfarbenes Off-White beschriebenes Rosa.(2) Die strategische Grundlage für diese Farbe war die Verschmelzung des Flugzeugs mit dem rosafarbenen Horizont und den Wolken, die in den Dämmerungsstunden auftraten.(23) Dieses auffällige Schema wurde hauptsächlich auf Spitfire FR.IX bis 1944 angewendet. Die Anwendung auf niedrig fliegenden Flugzeugen während der Dämmerung verdeutlicht die hochspezialisierte und taktisch orientierte Natur der PRU-Farbschemata.(2)


Markierungen, Feldmodifikationen und das Ende der Tarnung (1944 – 1945)


Eine der prominentesten nicht-tarnenden Markierungen des späten Krieges waren die sogenannten Invasion Stripes (Invasionsstreifen), die kurz vor und während der Landung in der Normandie im Juni 1944 angebracht wurden.(24)

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Der Grund für die Einführung dieser auffälligen, wechselnden schwarz-weißen Bänder war die Überlastung des IFF-Systems (Identification Friend or Foe), die durch die Tausenden von alliierten Flugzeugen während der Operation Overlord erwartet wurde. Um Eigenbeschuss zu reduzieren, wurden die Markierungen am 4. Juni 1944 für Jagd-, Aufklärungs- und Bomberflugzeuge (ausgenommen viermotorige schwere Bomber, bei denen eine Verwechslung unwahrscheinlich war) angeordnet.(24)

Die Spezifikation sah drei weiße und zwei schwarze Bänder vor, die um den Rumpf vor dem Heckleitwerk sowie um die oberen und unteren Tragflächen gewickelt wurden.(24)


De-Camouflage und Natural Metal Finish (NMF)


Mit der Erringung der absoluten Luftüberlegenheit über Westeuropa Anfang 1944 verlor die visuelle Tarnung zunehmend an strategischer Bedeutung. Da die Luftwaffe keine signifikante Bedrohung mehr in der Luft darstellte, verlagerte sich der Fokus auf Leistungssteigerung und vereinfachte Wartung.(1)

Dies führte zu einem Trend zur De-Camouflage. Die Tarnanstriche wurden entfernt oder weggelassen zugunsten eines Natural Metal Finish (NMF), einer unlackierten Oberfläche, bei der nur die Grundierung und die Aluminiumhaut sichtbar waren.(2) Die Entfernung der Farbe sparte Gewicht, verbesserte potenziell die Geschwindigkeit und beschleunigte die Wartungszyklen. Einige Einheiten auf dem Kontinent, wie die US-amerikanische 357th Fighter Group, die im Rahmen der Alliierten operierte, wechselten saisonal: grüne Oberflächen für die Tarnung über dem grünen Terrain im Frühjahr/Sommer und NMF während der Wintermonate.(25)


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Das Ende der Tarnung ist somit ein direkter historischer Indikator für die vollständige Luftdominanz der Alliierten. Diese Entwicklung setzte sich unmittelbar nach Kriegsende fort: Obwohl die Standards zunächst beibehalten wurden, verstärkte sich der Trend zu Aluminium-Lackierungen, was schließlich 1947 in der formalen Festlegung des Aluminium-Finishs als Standard für Tagjäger gipfelte.(3)


Technische Farbspezifikationen und Äquivalente


Die Farbschemata der RAF im Zweiten Weltkrieg waren komplexe Systeme, die durch militärische Dringlichkeit, logistische Engpässe und wissenschaftliche Tarnungsprinzipien geprägt waren. Die offizielle Nomenklatur des Ministry of Aircraft Production (MAP) lieferte die Grundlage für die Herstellung, während die nach dem Krieg definierten British Standard (BS) Codes als wichtigste Referenz für die posthume Identifizierung der Farben dienten.

Die folgende Tabelle listet die wichtigsten Farbtöne der RAF-Tarnung bis 1945 und ihre technischen Spezifikationen auf:


Schlüssel-Farbstandards der RAF (MAP/DTD) und ihre technischen Äquivalente

Offizieller Name (MAP/DTD)

BS 381C Code (Post-WWII)

Visuelle Charakteristik

Typische Anwendung (WWII)

Besondere Hinweise

Dark Green

BS 641

Tiefes Waldgrün

Oberseite TLS/DFS/Alle Schemata

Relativ farbstabil; MAP-Code seit 1938

Dark Earth

N/A

Erdiges Dunkelbraun

Oberseite TLS/Desert Scheme

Stark anfällig für Ausbleichen im Feld

Sky Type S

BS 210

Blasses Enteneier-Grün/Blau

Unterseite (BoB)

Wegen Mangels oft durch Eau de Nil oder Mischungen ersetzt

Night

BS 642

Sehr dunkles, fast schwarzes Blau

Unterseite Nacht-Schemata

Pigmentiert mit Ultramarin; wissenschaftlich gegen Skyglow optimiert

Medium Sea Grey

BS 637

Mittleres Grau (leichter Blaustich)

Unterseite DFS/Nachtjäger-Basis

Bestandteil des Notbehelfs "Mixed Grey"

Ocean Grey

N/A

Mittleres Blau-Grau

Oberseite DFS (ab 1941)

Oft durch "Mixed Grey" ersetzt (7:1 MSG:Night)

Extra Dark Sea Grey

BS 640 4

Dunkles Blaugrau

Oberseite Coastal Command/FAA

Dominierte das maritime Schema ab 1944 15

PRU Blue

BS 636

Graublau (tief)

Hochhöhen-Aufklärung

Monoton-Schema, entwickelt von Cotton

Azure Blue

BS 105 (Sky Blue, ähnlich)

Helles Himmelblau

Unterseite Desert Scheme

Optimiert für klaren, hellen Wüstenhimmel




Revell Aqua Color: Direkte Äquivalente und Vorbereitung


Da Revell Aqua Color (RAC) nicht für jeden historischen MAP-Ton ein spezifisches Äquivalent anbietet, ist eine Kombination aus Direkt-Tönen und Mischungen notwendig.


Verzeichnis direkt verfügbarer RAF-Töne in Revell Aqua Color


Die folgenden RAC-Töne sind entweder direkte Äquivalente oder dienen als unverzichtbare Basisfarben für Mischungen:

RAF Farbe (MAP/BS Name)

Historische Verwendung

Revell Aqua Color (Matte/Silk)

Revell Art. Nr. (DE)

Anmerkung

Dark Green

Oberseiten, DFS/TLS

68 (RAF Green)

36168

Oft präziser für RAF-Töne als 39.

Sky (Sky Type S)

Unterseiten, BoB/Coastal

59 (Duck Egg Blue / RAF Sky)

36159

Für die BoB-Ära unerlässlich.

Night

Unterseiten (Nachtjäger)

08 (Black)

36108

Standard-Schwarz für Nachtanstrich

White

Unterseiten (Coastal Command)

05 (White)

36105

Standard Matt-Weiß

Aluminium/HSS

Metallflächen/Unterseiten Jet-Ära

99 (Aluminium)

36199

Basis für unlackierte oder HSS-Flächen



Mischanleitungen für fehlende RAF-Schlüssel-Farben (Revell Aqua)



Die präzise Nachbildung der historischen RAF-Schemata erfordert die Mischung der komplexeren Töne, die Revell nicht als Standardfarben anbietet. Alle angegebenen Mischverhältnisse basieren auf Volumenanteilen.

Mischrezepte für Revell Aqua Color (Basierend auf Volumen)

Ziel-RAF-Farbe

Revell Aqua Basis (Code/Name)

Teile (Vol.)

Zusatz 1 (Code/Name)

Teile (Vol.)

Zusatz 2 (Code/Name)

Teile (Vol.)

Dark Earth

17 (Sand Brown)

7

84 (Leather Brown)

2

36 (Carmine Red)

1

Ocean Grey

69 (Granite Grey)

6

77 (Dust Grey)

3

08 (Black)

1

Medium Sea Grey

77 (Dust Grey)

8

49 (Light Blue)

1.5

05 (White)

0.5

Extra Dark Sea Grey

74 (Gunship Grey)

7

40 (Black Green)

3

08 (Black)

0.5

PRU Blue

49 (Light Blue)

6

77 (Dust Grey)

3

56 (Blue)

1

Dark Slate Grey

40 (Black Green)

5

77 (Dust Grey)

4

08 (Black)

1

Middle Stone

17 (Sand Brown)

7

15 (Yellow)

2

05 (White)

1

Azure Blue

49 (Light Blue)

6

05 (White)

4

-

-

Dark Sea Grey

74 (Gunship Grey)

7

56 (Blue)

2

05 (White)

1


Einfluss von Verwitterung und Feldmodifikationen


Die Rekonstruktion authentischer RAF-Farbschemata muss stets die Diskrepanz zwischen den offiziellen Standards (ab Werk) und den tatsächlichen Farben im Feldeinsatz berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, zeigte Dark Earth eine starke Tendenz zum Ausbleichen.(2) Extreme Einsatzbedingungen in Nordafrika, Südostasien und die ständige Verwitterung in den feuchten, gemäßigten Zonen Europas führten dazu, dass die im Einsatz befindlichen Farbtöne oft deutlich heller waren, als es die Standards vorschrieben. Dies erforderte Feldmethoden zur Farbkorrektur, wie beispielsweise das Hinzufügen von Weiß zu Basisfarben, um ein verwittertes Erscheinungsbild zu erzielen.(26)

Die RAF-Tarnung im Zweiten Weltkrieg war somit kein statisches, starres System, sondern eine dynamische Reihe von strategischen Anpassungen, die auf wechselnde taktische Anforderungen, logistische Realitäten und die stetige Weiterentwicklung der Luftkampfdoktrin reagierten. Die Entwicklung von erdgebundenen (TLS) zu himmelbasierten (DFS) Schemata und hochspezialisierten Farbtönen (PRU Blue, PRU Pink) reflektiert die kontinuierliche Anstrengung, die visuelle Täuschung als integralen Bestandteil der Kriegsführung zu perfektionieren.

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