Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs stand die europäische Luftfahrtindustrie vor der Herausforderung, militärische Innovationen in tragfähige zivile Anwendungen zu überführen. Für Deutschland gestaltete sich dieser Übergang besonders schwierig, da die Bestimmungen des Versailler Vertrags erhebliche Einschränkungen in der Flugzeugproduktion vorsahen. Der visionäre Konstrukteur Claude Dornier umging diese Restriktionen, indem er die Produktion seiner hochseetauglichen Flugboote im Ausland, insbesondere in Marina di Pisa, Italien, ansiedelte.(1)
Dieser strategische Imperativ der technologischen Überwindung politischer Beschränkungen war eng mit dem Wiederaufbau internationaler Handelsbeziehungen verbunden. Die rasante Beschleunigung der Kommunikationswege war für den globalen Handel und die Diplomatie der Zwischenkriegszeit von höchster Priorität. Die Luftpost, in dieser Ära die schnellste verfügbare Transportform, entwickelte sich zur Währung des globalen Handels und des strategischen Einflusses.
Strategische Imperative und die Geburt der Deutschen Luft Hansa (DLH)
Die Gründung der Deutschen Luft Hansa (DLH) im Januar 1926 3 markierte einen zentralen Punkt in den deutschen Ambitionen, trotz der politischen Niederlagen wieder eine führende Rolle im internationalen Verkehrswesen einzunehmen. Die DLH entwickelte sich schnell zum nationalen Flag Carrier.3 Ihr Ziel war die Etablierung zuverlässiger, schneller internationaler Streckennetze, wobei die Verbindungen nach Osten (durch Beteiligungen wie die Deruluft) und insbesondere die transatlantischen Routen im Fokus standen.
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Die DLH in den 1930er Jahren hatte enge Verbindungen zur Führung des nationalsozialistischen Regimes (3), was die Finanzierung der kostspieligen Großprojekte, wie der ozeanischen Luftpostdienste, sicherstellte. Die Etablierung und Aufrechterhaltung der transatlantischen Luftpost mit Dornier-Flugbooten diente nicht nur dem Handel. Sie demonstrierte die technologische Überlegenheit und Effizienz Deutschlands im globalen Wettlauf, insbesondere gegenüber Konkurrenten wie der französischen Aéropostale oder Pan American Airways. Die Fähigkeit, eine hochkomplexe, extrem zuverlässige Logistiklösung über den Ozean zu betreiben, war eine geopolitische Demonstration der Leistungsfähigkeit deutscher Ingenieurskunst in einer Zeit, in der internationale Luftpost hochpolitisch war.(4)
Die Währung der Zeit: Warum die Verkürzung der Postlaufzeiten alles veränderte
Die Bedeutung der Luftpost in der Zwischenkriegszeit kann kaum überschätzt werden. In Regionen der Welt, in denen es keine effektiven Alternativen wie Bahn- oder Schiffspost gab, war der Luftweg die einzige gangbare Lösung.5 Der größte Engpass in der weltweiten Kommunikation war jedoch der Atlantik.

Das strategische Hauptziel der DLH war die drastische Reduzierung der Postlaufzeit zwischen Europa und Südamerika, insbesondere den Wirtschaftszentren wie Rio de Janeiro, Buenos Aires und Santiago de Chile. Vor der Etablierung des regelmäßigen Flugdienstes betrugen die Laufzeiten Wochen. Durch den Einsatz der Dornier Flugboote und des zugehörigen Katapultsystems gelang es, diese Zeit auf revolutionäre 3 bis 4 Tage zu verkürzen.(6) Diese Geschwindigkeit war ökonomisch transformativ und erlaubte Banken, Handelsfirmen und Regierungen einen signifikanten Zeitvorteil, der im internationalen Wettbewerb entscheidend war. Es ist festzustellen, dass diese zivile technologische Entwicklung gleichzeitig wertvolle Erkenntnisse über Langstreckenfähigkeit und Robustheit lieferte, die direkt in militärische Programme, wie den parallelen Wettbewerb zwischen Dornier (Do 19) und Junkers (Ju 89) um das "Ural-Bomber-Programm", einflossen.(7) Die zivile Flotte und ihr geschultes Personal stellten somit eine wichtige Ressource für die zukünftige Wiederaufrüstung dar.(3)
Dornier in den Startlöchern
Kontinentale und europäische Postrouten
Bevor Dornier seine Flugboote zur Beherrschung des Ozeans einsetzte, musste das Unternehmen die Zuverlässigkeit seiner Ganzmetallflugzeuge auf dem europäischen Kontinent unter Beweis stellen. Diese frühen Erfolge waren die notwendige Vorbedingung für das weitaus größere transatlantische Wagnis.
Die Dornier Komet und Merkur: Stützen des Inlandverkehrs
Die Dornier Merkur war eine Weiterentwicklung des früheren Modells Komet und wurde gezielt als flexibles Passagier- und Frachtflugzeug konzipiert. Der Merkur zeichnete sich durch seine robuste Bauweise aus: Der Rumpf war für hochbelastete Teile aus Stahl gefertigt, während andere Komponenten Duraluminium verwendeten.(9) Diese Konstruktion zielte bewusst auf eine hohe passive Sicherheit ab, was in einem Bericht über Totalschäden durch Notlandungen, bei denen die Insassen unverletzt blieben, bestätigt wird.(11)

Der Merkur wurde von der DLH und der Deruluft (Deutsch-Russische Luftverkehrs-A.G.) eingesetzt.(11) Technisch bot der Merkur mit einer Spannweite von 19,60 m und einer Reichweite von bis zu 1000 km 10 die notwendigen Kapazitäten für den innereuropäischen Post- und Passagierdienst. Ein herausragendes Beispiel für die Zuverlässigkeit dieser Ganzmetall-Konstruktion lieferte Flugkapitän Albert Schäler, der mit einer Merkur (D-711) bis Januar 1932 annähernd 5.000 Flugstunden und beeindruckende 500.000 Flugkilometer ohne einen einzigen Bruch absolvierte.11 Diese frühe, harte Erfolgsbilanz im anspruchsvollen Kontinentalverkehr legitimierte die spätere strategische Entscheidung der DLH, die großen Investitionen in das ozeantaugliche Wal-Programm zu tätigen.
Dornier versus Junkers im kontinentalen Luftverkehr
In den 1920er und frühen 1930er Jahren konkurrierten die beiden deutschen Luftfahrtgiganten Dornier und Junkers intensiv. Während Junkers seine charakteristischen Wellblech-Konstruktionen (z.B. die spätere Ju 52) auf den Markt brachte (15), setzte Dornier auf Ganzmetall-Eindecker und Flugboote. Die frühen Dornier-Modelle wie Komet und Merkur setzten Maßstäbe für Robustheit und Sicherheit im frühen Personen- und Postverkehr. Ihre Fähigkeit, als vielseitige Plattformen für Fracht, Vermessung und Ambulanz eingesetzt zu werden (16), zeigte eine Anpassungsfähigkeit, die für die Entwicklung stabiler Luftpostnetze unerlässlich war.
Die Antwort auf die ozeanische Herausforderung
Das Flugboot Dornier Wal (Do J) war in den 1920er Jahren nicht nur ein Verkehrsflugzeug, sondern ein Symbol für deutschen Ingenieurswagemut und wurde weltweit zur Legende.(17) Es war das zentrale Fluggerät, das die Etablierung transozeanischer Luftpostrouten überhaupt erst ermöglichte.
Die Entstehung des Wal (Do J)
Der Wal absolvierte seinen Erstflug im November 1922 18 und wurde bis 1935 in mehreren Evolutionsstufen produziert.(1) Insgesamt wurden über 250 Exemplare hergestellt, unter anderem für Spanien und die Sowjetunion.(18) Um die nach dem Ersten Weltkrieg auferlegten Beschränkungen zu umgehen, fand die Produktion anfänglich in Italien (CMASA, Marina di Pisa) statt.(1) Der Wal war ein robustes, seefähiges Ganzmetallflugboot (2), das für seine Zuverlässigkeit bekannt war. Claude Dornier entwickelte eine modulare Triebwerksauslegung in Tandem-Motorgondeln über dem Flügel, die es den Betreibern erlaubte, praktisch jeden gewünschten Motortyp zu verwenden, ohne dass strukturelle Änderungen an der Zelle notwendig wurden.(1)

Die frühe Phase der Wal-Einführung war jedoch nicht ohne Schwierigkeiten. Bei frühen Überführungsflügen nach Spanien traten Probleme mit den dort vorgeschriebenen Hispano Swiza-Motoren auf, die Notwasserungen erforderten. Erst die Umrüstung auf Rolls-Royce-Motoren brachte die sprichwörtliche „legendäre Zuverlässigkeit“ der Wale hervor.(2)
Pioniertaten: Die Legendenbildung
Der Ruf des Wal als extrem seetüchtiges und robustes Fluggerät wurde durch eine Reihe spektakulärer Pioniertaten gefestigt, die als wirkungsvolle Marketingstrategie dienten. Der Norweger Roald Amundsen unternahm 1925 mit zwei Walen eine Expedition in Richtung Nordpol, ein Flug auf Leben und Tod, der die Fähigkeiten des Flugboots unter extremsten Bedingungen unter Beweis stellte.(2) Fünf Jahre später gelang Wolfgang von Gronau und seiner Mannschaft 1930 die erste Atlantiküberquerung mit einem Wal.(2)
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Diese Heldentaten trugen wesentlich zur weltweiten Anerkennung des Dornier Wal bei und festigten die Überzeugung bei großen Fluggesellschaften, dass dieser Typ das einzige kommerziell tragfähige, ozeantaugliche Fluggerät für die kritischen Langstrecken-Postdienste war. Die Wahl des Flugboot-Konzepts war für die Langstreckenflüge über den Atlantik vor 1935 die einzig logistische und ökonomische Lösung. Die Flugboote konnten auf dem Wasser landen, warten und betankt werden, was sie von der Notwendigkeit riesiger, fester Start- und Landebahnen auf dem Meer befreite. Dieses Konzept der seegestützten Operation war entscheidend für die spätere Katapult-Logistik.
Die evolutionären Schritte vom Kontinentalflieger zum spezialisierten Atlantik-Wal lassen sich anhand der folgenden technischen Daten nachvollziehen:
Kenngröße | Dornier Merkur (Kontinental) | Dornier Do J Wal (1. Version) | Dornier 10-Tonnen Wal (Atlantik-Post) |
Verwendung | Passagier/Post (Kontinental) | Verkehrsflugboot | Atlantik-Postflugboot |
Besatzung | 2 | 2–3 | 3 |
Passagiere (Max.) | 6–8 | 8–10 | Post & Crew (reduziert zugunsten von Treibstoff) |
Max. Startmasse (ca.) | 4100 kg | 5700 kg | ca. 10.000 kg |
Max. Reichweite (ca.) | 700–1000 km | 2200 km | > 3000 km (Katapult unterstützt) |
Höchstgeschw. (ca.) | 190 km/h | 180 km/h | 170–185 km/h |
Die Dornier Wale im Dienst der DLH-Südamerika-Post
Die Etablierung eines regelmäßigen transatlantischen Postdienstes war der Höhepunkt der Postfliegerei der 1930er Jahre und revolutionierte die Kommunikation zwischen Europa und Südamerika.
Die logistische Herausforderung des Südatlantiks
Der Südatlantik stellte die strategische „Rennstrecke“ dar.(20) Die kritische Route führte von der afrikanischen Westküste (häufig Bathurst) zur brasilianischen Ostküste (Natal). Die Distanz von über 3000 km war für die Dornier Wale, deren maximale Reichweite in der Passagierversion bei etwa 2200 km lag (1), unter voller Last (Treibstoff und Post) nicht sicher in einem Stück zu bewältigen, insbesondere angesichts unvorhersehbarer Gegenwinde. Die Herausforderung bestand darin, maximale Nutzlast (Post) und maximale Treibstofflast zu kombinieren, was einen sicheren Start vom Meer aus verhinderte.
Die Wal-Evolution für den Postdienst
Um diese Hürde zu überwinden, setzte die DLH hochspezialisierte Varianten des Flugbootes ein. Zunächst wurden 8-Tonnen-Wale verwendet, gefolgt von der entscheidenden Entwicklung: dem 10-Tonnen-Wal Atlantik-Postflugboot.(19) Diese Modelle waren dezidiert auf die Langstrecken-Postbeförderung zugeschnitten. Die maximale Startmasse musste von 5.700 kg (Standard-Passagier-Wal (1)) auf bis zu 10.000 kg (19) erhöht werden, was nur durch die Unterstützung eines externen Katapultsystems realisierbar war. Der Übergang zum spezialisierten 10-Tonnen-Wal ermöglichte ab Juli 1934 Direktflüge über den Atlantikabschnitt zwischen Bathurst und Natal.(1) Die DLH erkannte, dass reine Passagierflugzeuge den Anforderungen dieser kritischen Strecke nicht gerecht wurden, weshalb diese hochbelastbaren, dedizierten Postmaschinen entwickelt wurden.
Vom Schiff zum Brief
Ohne die Flugboote vom Typ Wal hätte die Deutsche Luft Hansa diesen Postdienst nach Südamerika nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit etablieren können.(2) Die etablierte Luftpoststrecke reduzierte die Laufzeit von Briefen von Deutschland nach wichtigen südamerikanischen Destinationen auf lediglich 3 bis 4 Tage.(6)

Die ökonomische Transformation, die diese Geschwindigkeit mit sich brachte, war signifikant. Die durch die Eile gerechtfertigten hohen Luftpostgebühren finanzierten im Gegenzug die extrem teure maritime Katapult-Infrastruktur. Die Zuverlässigkeit des Dienstes, belegt durch das 80-jährige Jubiläum der Postverbindung im Jahr 2014 (20), etablierte eine positive Rückkopplungsschleife zwischen Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und der Rentabilität der Investition.
Die Katapultfliegerei als logistischer Schlüssel
Der wahre logistische Durchbruch, der den Dornier Wal zur transatlantischen Ikone machte, war nicht das Flugzeug allein, sondern das innovative Katapultsystem der DLH.
Reichweite versus Nutzlast
Der zentrale Konflikt im frühen Langstreckenflug war die hohe Startmasse. Ein Dornier Wal, voll beladen mit Post und Treibstoff für die Überquerung, konnte unter den typischen Bedingungen auf offener See oder in Küstengewässern die notwendige Abhebegeschwindigkeit nicht sicher erreichen. Die maximale Startmasse von bis zu 14.000 kg (21) erforderte eine extrem kurze und hohe Beschleunigung, die nur durch eine externe Kraft erzielt werden konnte. Das Katapultsystem war somit die zwingende technologische Antwort auf das Dilemma, maximale Reichweite und Nutzlast zu kombinieren.
Die Katapultschiffe Westfalen und Schwabenland
Die DLH entwickelte ein einzigartiges System, bei dem Frachter zu schwimmenden Startbasen umgebaut wurden.(6) Die Schiffe Westfalen und Schwabenland wurden strategisch positioniert, um die Atlantikstrecke zu überbrücken.(1) Ab 1934 dienten diese Schiffe in erster Linie als "schwimmende Startbasen" nahe den Küstenstädten Bathurst und Natal, was die Effizienz und die Möglichkeit der Non-Stop-Überquerung maximierte.(1)

Die Perfektionierung dieses Systems erforderte umfangreiche Tests, die bereits 1933 begannen. Die Flugboote Passat, Monsun und Taifun dienten als Testflugzeuge an Bord der Westfalen.(6) Aufgrund der technischen Komplexität und der Notwendigkeit von Redundanz wurde entschieden, ein zweites Katapultschiff in den Südatlantik zu entsenden.(6)
Operation unter Dampfdruck
Der Startvorgang war ein hochdramatischer Akt der Ingenieurskunst. Das Dornier-Flugboot wasserte neben dem Dampfer, wurde per Kran auf das Deck gehievt und auf einem Startschlitten befestigt, der über Zugseile mit der Dampfkatapultanlage verbunden war.(6) Mithilfe von Dampfdruck wurde der Schlitten immens beschleunigt, wodurch das Flugboot in kürzester Zeit die Abhebegeschwindigkeit erreichte, um mit seiner vollen Last an Treibstoff und Post abzuheben.(6)

Das Dornier Wal-Flugboot war in der Tat als Multitasking-Plattform konzipiert. Es konnte nicht nur fliegen, sondern auch als seetüchtiges Boot agieren und wurde bei Bedarf per Dampfkatapult in die Luft geschossen.(17) Diese dreifache Funktionalität war für die Integration in das DLH-Südatlantik-System von entscheidender Bedeutung.
Die erfolgreiche Durchführung von 328 Atlantiküberquerungen durch die 8,5- und 10-Tonnen-Wale in den Jahren 1934 bis 1938 (1) zeigt, wie die DLH die Luftpost von einer wagemutigen Pionierleistung in einen hochindustrialisierten und zuverlässigen Logistikprozess überführte. Das Katapultsystem standardisierte den Startvorgang und ermöglichte die Einhaltung eines festen Zeitplans, was für einen kommerziellen Postdienst unerlässlich war.
Tabelle 2: Schlüsseldaten des DLH Südatlantik-Luftpostdienstes mit Dornier Wal
Zeitraum | Schlüsselereignis/Innovation | Dornier-Modell(e) | Operatives Detail |
1930 | Erster Atlantikflug von Gronau 2 | Do J Wal | Exploration, ohne reguläres System |
1933 (Tests) | Einführung der Katapultschiffe | 8-Tonnen Wal (z.B. Passat, Monsun) 6 | Dampfer "Westfalen" als Testbasis 6 |
Ab Juli 1934 | Etablierung des regulären Dienstes | 10-Tonnen Wal 1 | Direktflüge Bathurst (Afrika) – Natal (Brasilien) 1 |
Gesamtleistung (1934–1938) | Überquerungen des Südatlantiks | 8.5- und 10-Tonnen Wal | 328 Flüge erfolgreich absolviert 1 |
Resultierende Laufzeit | Deutschland nach Südamerika | - | 3 bis 4 Tage 6 |
Die Dornier-Dominanz im Vergleich
Der Erfolg des Dornier Wal und des DLH-Systems muss im Kontext des intensiven internationalen Wettbewerbs der Zwischenkriegszeit gesehen werden.
Dornier Wal vs. Aéropostale und Pan Am
Auf der Südamerika-Route war die französische Aéropostale mit Flugzeugen wie der Latécoère ein wichtiger Konkurrent.(23) Obwohl die Franzosen ebenfalls auf Flugboote und eine Kette von Zwischenstopps setzten, nutzten sie das Katapultsystem nicht in dem Maße wie die DLH. Die deutsche Lösung bot somit einen operativen Vorsprung durch Geschwindigkeit und Planbarkeit.
 |
| Aéropostale Latécoère |
Das DLH/Dornier-System war ein Meisterwerk des technologischen Pragmatismus. Anstatt auf zukünftige Entwicklungen von Motoren und Flugzellen zu warten, die in der Lage gewesen wären, ein voll beladenes 10-Tonnen-Flugboot selbstständig abheben zu lassen, nutzte die DLH die bewährte Dornier-Flugboot-Technologie und verband sie mit der maritimen Infrastruktur. Dies minimierte das Entwicklungsrisiko und ermöglichte einen schnellen Markteintritt als Anbieter des schnellsten transozeanischen Postdienstes der Welt. Andere Nationen, wie die USA mit Pan Am, setzten später auf die Entwicklung immer größerer, reichweitenstärkerer Flugboote (die Clipper-Ära) oder Landflugzeuge, um den Non-Stop-Flug zu ermöglichen.
Warum das deutsche Katapultsystem kurzfristig überlegen war
Das DLH/Dornier-System bot eine effektive Lösung, bevor Flugzeuge mit der notwendigen Reichweite für einen vollausgelasteten Non-Stop-Flug verfügbar waren. Es erlaubte die Nutzung relativ kleiner, robuster Flugboote (Wal) für Langstreckenpost. Diese Strategie bot kurzfristig einen signifikanten Wettbewerbsvorteil, der es der DLH ermöglichte, eine marktbeherrschende Stellung in der transatlantischen Postlogistik zu etablieren.

Diese technologische Architektur war jedoch zeitlich begrenzt. Die Entwicklung immer leistungsfähigerer Motoren und verbesserter Aerodynamik deutete darauf hin, dass die Notwendigkeit maritimer Stützpunkte bald obsolet werden würde, sobald Flugzeuge die Atlantikdistanz mit Passagieren und Post sicher überbrücken konnten. Die Katapultfliegerei markierte somit den Höhepunkt einer Ära der logistischen Kompromisse.
Politische Schatten und der Einfluss der Rüstungspläne
Obwohl die Dornier Wale zivilen Zwecken dienten, verlief ihre Entwicklung parallel zu den intensiven Rüstungsbestrebungen des Dritten Reiches. Die technologische Entwicklung wurde oft unter dem Gesichtspunkt ihres militärischen Potenzials bewertet. Der Wettbewerb um den Langstreckenbomber (Ural-Bomber) zwischen Dornier (Do 19) und Junkers (Ju 89) zeigt, dass die staatlichen Prioritäten schnell von zivilen zu militärischen Zielen wechseln konnten. Die letztendliche Einstellung des Dornier Do 19-Projekts zugunsten taktischer Bomber (7) verdeutlicht die politischen Entscheidungsprozesse, die auch die Priorisierung ziviler Großprojekte beeinflussten. Die DLH-Flotte und ihre Piloten fungierten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als militärische Reserve.(3)
Die Postfliegerei als Katalysator der Luftfahrtentwicklung
Der Dornier Wal als Wegbereiter
Der Dornier Wal gilt als eines der berühmtesten und erfolgreichsten Flugboote seiner Zeit.(1) Seine lange Produktionszeit von 1922 bis 1935 (1) und seine Fähigkeit, durch die modulare Bauweise stets neue Motoren zu integrieren (1), machten ihn zu einem effektiven Testlabor für die Konstruktion von Großflugzeugen. Diese ständige Evolution und die Robustheit des Designs begründeten Dorniers Ruf als Pionier der Ganzmetallbauweise. Die gesammelten Erfahrungen aus dem zuverlässigen Betrieb über dem Südatlantik waren von unschätzbarem Wert für die zukünftige Entwicklung von Langstrecken-Verkehrsflugzeugen.
Die philatelistische und historische Bedeutung der Atlantik-Postflüge
Die transatlantischen Postflüge der DLH, die auf der Zuverlässigkeit der Dornier Wale beruhten, sind ein zentrales Kapitel der Aerophilatelie. Postsendungen, die von den Walen befördert wurden, tragen spezielle Maschinenstempel und sind hochgeschätzte Zeugen dieser technologischen Epoche.(6) Die Leistung von 328 erfolgreichen Ozeanüberquerungen (1) steht symbolisch für den Triumph der Ingenieurskunst über die geografische Distanz und etablierte die Blaupause für die moderne globale Logistik der Eile.
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Die Postfliegerei der 1920er und 1930er Jahre war eine Ära des rasanten technologischen Fortschritts, in der Dornier Flugzeuge eine unverzichtbare Rolle spielten. Beginnend mit dem robusten Dornier Merkur, der die notwendige Zuverlässigkeit auf kontinentalen Routen bewies, kulminierte Dorniers Beitrag im legendären Flugboot Wal.
Die Dornier-Flugboote waren das technologische Rückgrat des DLH-Südatlantikdienstes. Erst die innovative Kombination aus der Robustheit des Ganzmetallflugbootes und dem logistischen System der dampfbetriebenen Katapultschiffe (Westfalen, Schwabenland) ermöglichte es, die Postlaufzeiten von Deutschland nach Südamerika auf nur 3 bis 4 Tage zu reduzieren. Diese industrielle Operationalisierung der Langstreckenlogistik wandelte eine wagemutige Pionierleistung in einen planbaren, ökonomisch tragfähigen Dienst um.
Obwohl die Ära der Katapultfliegerei durch das Aufkommen reichweitenstärkerer Landflugzeuge und den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs (3) abgelöst wurde, schuf die Dornier-Strategie ein Modell für die ultra-schnelle, internationale Frachtlogistik. Dornier-Flugzeuge standen damit an der technologischen Avantgarde und trugen entscheidend zur globalen Vernetzung der Welt in der Zwischenkriegszeit bei.
Referenzen
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Aide à la visite | Musée de l'Hydraviation, Biscarrosse, Zugriff am Oktober 17, 2025, https://www.hydravions-biscarrosse.com/fiche-visite-en-francais.php
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